Nicht nur wir WissenschaftlerInnen genießen in der arbeitsfreien Zeit die Sonne und Wärme am Äquator, die Mikroorganismen im Meer tun dies auch. Hier im äquatorialen Auftriebsgebiet wird ihr Wachstum durch den Zustrom nährstoffreichen Wassers aus der Tiefsee zusätzlich gefördert. Dies hat allerdings zur Folge, dass in bestimmten Wassertiefen der im Wasser gelöste Sauerstoff schneller aufgebraucht wird als er nachgeliefert wird.
Den heutigen Beitrag hat mitgestaltet: Lars Wöhlbrand vom ICBM aus der Arbeitsgruppe Allgemeine und Molekulare Mikrobiologie in Oldenburg. Hier an Bord bildet er mit Kollegen aus Göttingen das „Omics“ Team. Er interessiert sich vor allem für die Proteine, die von den Bakteriengemeinschaften in der Wassersäule und im Sediment gebildet werden.
Wenn die Algen aus der lichtdurchfluteten Schicht in die Tiefe absinken und dort von Mikroorganismen abgebaut werden, wird dabei sehr viel Sauerstoff verbraucht. Deshalb gibt es hier in bestimmten Wassertiefen nur sehr wenig Sauerstoff – sogenannte „oxygen minimum zones“ (OMZ, Sauerstoff-Minimum-Zone). Man kann es mit einem Raum voller Menschen vergleichen, der nur ein kleines Fenster hat – auch dort wird es schnell stickig, weil der Sauerstoff veratmet wird. An unserer Äquator-Station lag die „stickige“ Sauerstoff-Minimum-Zone in etwa 400 Metern Wassertiefe.
Im Gegensatz zu uns Menschen, die ohne Sauerstoff nicht leben können, gibt es unter den Bakterien einige, die an sauerstofffreie Bedingungen angepasst sind. Sie nutzen dann andere Stoffe für ihre „Atmung“, zum Beispiel das im Meer reichlich vorhandene Sulfat. Viele dieser Bakterien sind allerdings sehr empfindlich gegenüber Sauerstoff. Daher sind diese Spezialisten eigentlich in den sauerstofffreien Zonen von Böden und Sedimenten zu Hause, wo Sie wichtige Funktionen in den globalen Stoffkreisläufen übernehmen. Vor nicht allzu langer Zeit haben WissenschaftlerInnen nun herausgefunden, dass derartige Organismen auch in den Sauerstoff-Minimum-Zonen der Ozeane vorkommen – ihre Rolle dort ist allerdings immer noch nicht genau erforscht.
Daher versuchen wir hier an Bord Vertreter dieser speziellen Bakterien zu kultivieren, um sie später im Oldenburger Labor auf molekularer Ebene untersuchen zu können. Hierzu geben wir Wasser aus der Sauerstoff-Minimum-Zone zu sauerstofffreiem Kulturmedium (im Labor hergestelltes Meerwasser mit Nährstoff-Zusätzen). Die Kulturgefäße sind mit Stopfen verschlossen und haben eine Stickstoff-Atmosphäre anstatt sauerstoffhaltiger Luft. Diese Flaschen wurden bereits im Januar in Oldenburg vorbereitet und haben zum Glück den Transport nach Neuseeland heile überstanden. Nun heißt es warten und geduldig sein, bis sich etwas in den Flaschen tut. Diese Spezialisten wachsen leider recht langsam, ihre Fähigkeiten sind aber äußerst interessant – das Warten wird sich also lohnen.