Die erste große Aufgabe dieser Fahrt wartete am dritten Seetag in den internationalen Gewässern zwischen Nordamerika und Grönland auf die Merian. Ein sogenannter Sea-Cycler musste geborgen werden. Dabei handelt es sich um ein Spezial-Messgerät der kanadischen Dalhousie- Universität. Ein Ingenieur der Arbeitsgruppe ist mit an Bord, da das knapp 1,5-Millionen Euro teure Gerät seit einigen Monaten keine Daten mehr senden konnte. Da sich nur sehr selten Forschungsschiffe in dem Gebiet zwischen Nordamerika und Grönland aufhalten, war unsere Fahrt die einzige Chance, das Gerät in den nächsten Monaten zu bergen.
Doch obwohl der kanadische Ingenieur die genaue Position des Sea-Cyclers kannte, entwickelte sich die Bergung zu einem regelrechten Krimi. Denn auf das akustische Signal, auf das das
Gerät reagieren sollte, folgte – nichts. Auch als der Kapitän die Merian zweimal in andere Positionen versetzte, keine Antwort. Es sah ganz danach aus, dass das Gerät abgerissen und weggetrieben war – als plötzlich ein Signal einging, dass wieder Hoffnung machte. Angeblich sollte der Cycler aufgetaucht sein, doch selbst die Brücke hat das immerhin rund vier Meter lange Gerät noch nicht ausmachen können. Doch tatsächlich: Zwei Seemeilen entfernt tauchte kurz darauf ein winziger Punkt am Horizont auf, der langsam aber sicher immer deutlicher als die zwei wichtigsten Einheiten des Geräts erkennbar wurden. Offenbar hatte ein heftiger Sturm die enorme Apparatur von ihrem eigentlichen Bestimmungsort fortgetrieben.
3.000 Meter Kabel vermisst
Erstes Aufatmen nach der Bergung, doch ging es danach von vorne los. Der zweite Teil des Messgerätes fehlte noch. Messgeräte und Bojen, die wie an einer Perlenschnur an einem über drei Kilometer langen Kabel aufgereiht sind. Auch hier gab es nicht sofort Klarheit, aber nach einer halben Stunde dann der erlösende Funkspruch von der Brücke: „Mooring is at the surface“. Bis dann alles eingeholt und sicher an Deck verladen war, war es schon dunkel. Dass das überhaupt möglich war, lag an der enormen Teamleistung der Crew und des gesamten Wissenschafts-Teams, die händisch sechs schwere Kabeltrommeln aufrollten. Immerhin leistete uns eine Schule von Pilotwalen etwas Gesellschaft.
Feierabend war damit aber noch lange nicht, da nun erstmal das Phytoplankton-Netz ausgeworfen und die CTD ins Wasser gelassen werden musste, die Wasserproben in bis zu drei Kilometern Tiefe nehmen sollte. Diese sollten dem Sea-Cycler als Referenzwerte dienen. Weiteren drei Stunden der Messung in der Tiefsee folgten dann für einige Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen noch die Aufbereitung im Labor, fast bis zum Frühstück. Vom Wellengang haben danach in den Kojen wohl die wenigsten noch viel mitbekommen.