Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Expedition M211: Unsere Parallelen zur Deutschen Atlantischen Expedition (1925-1927)

Das Ziel unserer Expedition mit der METEOR III ist es, Verdunstungsprozesse über den Ozeanen besser zu verstehen und somit zu einem besseren Verständnis des globalen Wasserkreislaufs beizutragen. Dabei gibt es einige Parallelen zur damaligen deutschen Atlantischen Expedition auf der Meteor I, auch wenn die Ziele der  beiden Expeditionen unterschiedlich sind. Die METEOR I lief am 16. April 1925 in Wilhelmshaven aus und kehrte am 2. Juni 1927 dorthin zurück. Nicht nur haben beide Schiffe den gleichen Namen, sondern die beiden Expeditionen liegen auch genau 100 Jahre auseinander. Außerdem arbeiten einige unserer Fahrtenteilnehmer am ICBM in Wilhelmshaven. Die größte Parallele liegt jedoch in den Messungen: Während unserer Expedition stehen Messungen der Temperatur und des Salzgehalts im Atlantik im Vordergrund, um Rückschlüsse auf Verdunstungsprozesse zu ziehen. Auch vor 100 Jahren führten Wissenschaftler Messungen von Temperatur und Salzgehalt durch, um die Zirkulation des Atlantiks zu verstehen (Bild 1). Insbesondere die Frage, ob ein Wasseraustausch zwischen dem Südatlantik und dem Nordatlantik über den Äquator existiert, beschäftigte die Wissenschaftler an Bord der Meteor I. Dazu wurden auch meteorologische Daten erfasst – wie auch auf unserer Expedition.

Bild 1 zeigt einen Originalbericht der Deutschen Atlantischen Expedition (1925–1927) auf der Meteor I, der 1936 veröffentlicht wurde. Vielen Dank an unsere Kollegin Gunda Blödow vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg für das Auffinden und die Weitergabe an uns (Bild: Leonie Jaeger und Pia Goecke).

Die Ziele und die Bedeutung der beiden Expeditionen waren unterschiedlich: Die Expedition von 1925 bis 1927 gilt in der Ozeanografie als Meilenstein und als Geburtsstunde der physikalischen Meereskunde. Seitdem begleitet sie die theoretische Ozeanografie. In 100 Jahren verändert sich viel (vielleicht zu viel?), auch in der Ozeanografie. Heute haben wir hochgenaue Sensoren zur Messung von Temperatur und Salzgehalt, die es uns erlauben, lückenlose Messungen bis zu mehreren tausend Metern Tiefe durchzuführen. Für diese Tiefenprofile werden je nach Tiefe in der Regel zwei bis drei Stunden Zeit benötigt. Während die METEOR III fährt, wird auch kontinuierlich Wasser durch einen sogenannten Thermosalinograph gepumpt, um oberflächennahe Daten aufzunehmen. Vor 100 Jahren wurden Temperatur und Salzgehalt in unterschiedlichen Tiefen ganz anders vermessen, um Karten über deren Verteilung zu erstellen (Bild 2). Dazu wurde ein Kippthermometer zusammen mit einem Wasserschöpfer an einem Draht befestigt und zu einer bestimmten Tiefe abgesenkt. Dann wurde ein Fallgewicht auf dem Draht losgeschickt, um an dieser Tiefe den Mechanismus zum Schließen des Wasserschöpfers und das Kippen des Thermometers auszulösen. Durch das Kippen wurde eine bestimmte Menge Quecksilber in einer Kapillare abgetrennt und anhand dieser Menge konnte die Temperatur an Bord bestimmt werden.

Bild 2: Farbekarte für die Temperatur aus einem originalen Bericht der deutschen Atlantischen Expedition auf der METEOR I (1925-1927) (Bild: Leonie Jaeger und Pia Goecke).

Der Salzgehalt wurde aus der Wasserprobe des Schöpfers ermittelt. Dazu wurde eine bestimmte Probenmenge mit Silberionen titriert, um die Gesamtkonzentration der Chlorid-(Cl⁻), Bromid-(Br⁻) und Iodid-(I⁻) Ionen zu bestimmen. Da die prozentuale Zusammensetzung der Salzionen im Meerwasser konstant ist, konnte man die Gesamtkonzentration aller Salzionen ausrechnen. Dieser wurde als Salzgehalt in Gramm pro Kilogramm Meerwasser oder Promille angegeben. Diese Methode hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen.

Bild 3: Farbekarte für den Salzgehalt aus einem originalen Bericht der deutschen Atlantischen Expedition auf der METEOR I (1925-1927) (Bild: Leonie Jaeger und Pia Goecke).

Obwohl die Messmethoden und Ziele der Expeditionen unterschiedlich waren, lassen sich einige Parallelen nicht leugnen. Die Erstellung der Karten zur Verteilung von Temperatur und Salzgehalt im gesamten Atlantik bedeutete zwei Jahre Arbeit. Ohne diese Daten hätte man vermutlich erst viel später etwas über die Zirkulation des Atlantiks und somit über ihre Rolle im Klimasystem erfahren. Die Expedition M211 ist unterwegs, um hierzu ebenfalls einen Beitrag zu leisten.

Geschrieben: Oliver Wurl

[1] https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/wissenschaft/deutsche-atlantische-expedition