… und was passiert nach dem Video?
Den heutigen Beitrag haben mitgestaltet: Marion Pohlner, Julius Degenhardt und Bert Engelen, alle vom ICBM aus der Arbeitsgruppe Paläomikrobiologie in Oldenburg. Hier an Bord bilden die drei das „MUC“ Team, sie interessieren sich vor allem für die Mikroorganismen im Sediment.
Sobald wir alle Proben von den Sedimentkernen genommen haben, zählen wir die Bakterienzellen unter dem Mikroskop. Auf dem Bild unten ist eine Sedimentflocke zu sehen, die mit einer Art Faden durchzogen ist, von dem wir allerdings noch nicht wissen, was es genau ist.
Die kleinen grünen Punkte sind Bakterien, die mit einem Farbstoff angefärbt wurden und im ultravioletten Licht aufleuchten. Ohne die Färbung könnten wir die Zellen nicht vom Sediment unterscheiden. Da sich die Bakterien in verschiedenen Schärfeebenen, also in unterschiedlichem Abstand zum Objektiv, befinden, haben wir eine Fotoserie aufgenommen und anschließend zu einem Bild vereinigt. Das Programm dazu wurde von Heribert Cypionka am ICBM entwickelt und ist unter www.picolay.de frei verfügbar.
Wie viele Bakterien leben denn eigentlich im Sediment? Direkt an der Oberfläche des Meeresbodens haben wir im Mittel etwa 300 Millionen Zellen pro Kubikzentimeter gezählt. Ein Kubikzentimeter ist doppelt so viel Sediment wie im Video mit der abgeschnittenen Plastik-Spritze entnommen wird. In einem Fingerhut voll Sediment leben also fast vier mal so viele Bakterien wie Deutschland Einwohner hat! Zwanzig Zentimeter tief im Meeresboden leben sehr viel weniger Bakterien, hier finden wir aber immer noch etwa 3 Millionen Zellen pro Kubikzentimeter.
Warum die Bakterienzellzahlen mit zunehmender Tiefe im Sediment abnehmen und warum im Meeresboden überhaupt so viele Bakterien überleben, ist immer noch nicht genau erforscht. Um zu verstehen, wovon die Bakterien im Sediment leben, messen wir auf unserer Fahrt unter anderem auch die enzymatische Aktivität der Bakterien. Enzyme zerkleinern die im Sediment vorhandenen Kohlenstoff-Verbindungen, die – wie unsere Nahrung auch – zum Beispiel Proteine und Zucker enthalten, aus denen die Bakterien Energie und Baumaterial für ihre Zellen gewinnen. Die enzymatisch produzierten kleinen Moleküle können dann von den Bakterien aufgenommen werden.
All diese Experimente führen wir im Kühlraum durch, um möglichst nah die Temperatur im Meeresboden nachzustellen. Im tiefen Ozean und damit auch in den oberen Sedimentschichten liegt die Temperatur meist unter 4°C. Der Kühlraum auf SONNE ist 4°C kalt – da brauchten wir selbst in Äquatornähe einen dicken Pulli für unsere Arbeit!