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Wendepunkt bei Nacht // U-Turn at Night

Text: Christophe Noisel, Pia Göcke, Martin Pöppelreiter. Fotos: Henning Burmeister, Carsten Rauch, Leonie Jaeger

Vorgestern Abend fiel spontan die Entscheidung, eine Kehrtwende einzuleiten – obwohl wir bereits mit voller Fahrt auf dem Weg zu unserer nächsten Station waren. Der Auslöser war ein ausgedehntes Gebiet mit Sargassum – einer treibenden Braunalge, die häufig in wärmeren Meeren vorkommt und wichtige Lebensräume für marine Organismen bietet. Dieses Gebiet war mit einem sogenannten Slick verbunden, einer glatten Wasseroberfläche, die durch biologische Prozesse entsteht und oft Hinweise auf besondere ökologische Bedingungen liefert. Die Formation wurde als zu bedeutsam eingeschätzt, um einfach daran vorbeizufahren.

Damit stellten sich zwei neue Herausforderungen: Zum einen musste ein neuer Plan ausgearbeitet werden, um unter den besonderen Bedingungen des kommenden Tages bestmögliche wissenschaftliche Ergebnisse zu erzielen. Zum anderen galt es, das Sargassumband erneut zu lokalisieren. Besonders schwierig war dabei, dass inzwischen die Nacht hereingebrochen war. Mit bloßem Auge war kaum noch etwas zu erkennen, geschweige denn ein Sargassumfeld in der Ferne auszumachen.

Bild 1: Suchscheinwerfer im Einsatz, um das Sargassumband zu finden // Search Light in action to find the Sargassum patch // Photo: Henning Burmeister

Mit Hilfe leistungsstarker, fernsteuerbarer Xenon-Richtstrahler, also großer Suchscheinwerfer die von der Brücke aus bedient werden, durchsuchten wir den Bereich rund um die Meteor nach den treibenden Braunalgen. Noch wirkungsvoller war jedoch das Wellenradar (X-Band-Radar), das empfindlich genug ist, um größere Sargassumfelder in einem Umkreis von bis zu fünf Kilometern zu erkennen. Auf dem Radar zeigte sich, dass das Sargassumband eine Länge von rund zehn Kilometern hatte. Dank dieser beiden Methoden gelang es uns, das Band auch in der Dunkelheit wiederzufinden und über Nacht die Position zu halten.

Bild 2: X-Band-Radar zeigt die Rauheit der Meeresoberfläche, die weiße Linie ist das, wonach wir suchten – das Sargassumband // X-Band Radar showing roughness of sea surface, the white line is what we were looking for – the Sargassum // Photo: Henning Burmeister

Am nächsten Tag gelang es uns, den Slick erfolgreich zu beproben. Dabei handelt es sich um Meeresoberflächenphänomene, die den Austausch von Gasen und Energie zwischen Atmosphäre und Ozean maßgeblich beeinflussen können. Es wurden zahlreiche Proben genommen, und nahezu alle wissenschaftlichen Geräte kamen zum Einsatz, um die besonderen Bedingungen im und um den Slick umfassend zu erfassen. Am Ende eines langen Tages waren alle Wissenschaftler*innen müde, aber glücklich – es hatte sich definitiv gelohnt, die ursprünglichen Pläne über Bord zu werfen.

Bild 3: Was am nächsten Tag auf uns wartete: links – Slick, mittig – massives Sargassumband, rechts – normale Wellenbedingungen // What was found the next day: left – slick conditions, middle – massive Sargassum patch, right – regular wave conditions // Photo: Carsten Rauch

U-Turn at night

Text: Christopher Noisel and Martin Pöppelreiter. Photos: Henning Burmeister, Carsten Rauch, Leonie Jaeger

The evening before last, a spontaneous decision was made to turn back, even though we were already full speed ahead on our way to the next station. The trigger was an extensive area of Sargassum, floating brown algae commonly found in warmer seas that provides important habitats for marine organisms. This area was associated with a so-called slick, a smooth water surface formed by biological processes, often indicating special ecological conditions. The formation was deemed too significant to simply pass by.

This created two new challenges: on the one hand, a new plan had to be developed to achieve the best possible scientific results under the special conditions expected the next day. On the other hand, the Sargassum band had to be relocated. This was particularly difficult as night had now fallen. With the naked eye, hardly anything could be seen, let alone spotting a Sargassum field in the distance.

Using powerful, remotely controlled Xenon searchlights operated from the bridge, we scanned the area around the Meteor for the drifting brown algae. Even more effective was the wave radar (X-band radar), sensitive enough to detect larger Sargassum fields within a radius of up to five kilometers. On the radar, the Sargassum band appeared to be about ten kilometers long. Thanks to these two methods, we were able to relocate the band even in the dark and hold position overnight.

Image 4: Glatte Wellen im Sargassumfeld // smooth waves in sargassum patch // Photo: Leonie Jaeger

The next day, we successfully sampled the slick. Slicks are sea surface phenomena that significantly influence the exchange of gases and energy between the atmosphere and the ocean. Numerous samples were taken, and almost all scientific instruments were deployed to comprehensively capture the unique conditions in and around the slick. At the end of a long day, all the scientists were tired but happy — it had definitely been worth throwing the original plans overboard.