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Die Erforschung des Unsichtbaren

An Bord des Forschungsschiffes SONNE: Abfüllen von Wasserproben an der CTD. Auf dem Bild: Jutta Niggemann. Foto: Beatriz Noriega Ortega (beide Forschungsgruppe für Marine Geochemie, ICBM)
An Bord des Forschungsschiffes SONNE: Abfüllen von Wasserproben an der CTD. Auf dem Bild: Jutta Niggemann. Foto: Beatriz Noriega Ortega (beide Forschungsgruppe für Marine Geochemie, ICBM).

Im Mittelpunkt unserer Forschung an Bord stehen die Bakterien im Meerwasser und im Sediment. Diese Bakterien sind so klein, dass man sie nur mit dem Mikroskop erkennen kann. Aber wir interessieren uns auf dieser Fahrt auch für etwas, das nicht mal mit dem Mikroskop zu sehen ist: gelöste Substanzen, die in unvorstellbarer Vielfalt im Meerwasser vorliegen. Wir wollen verstehen, woher diese Verbindungen kommen und wie sie von den Bakterien verwertet werden.

Jutta Niggemann (Forschungsgruppe für Marine Geochemie, ICBM).
Jutta Niggemann (Forschungsgruppe für Marine Geochemie, ICBM).
Heute schreibe ich mal über meine eigene Forschung. Ich bin Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe für Marine Geochemie am ICBM in Oldenburg, eine Brückengruppe zum Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. Ich interessiere mich vor allem für das gelöste organische Material im Meer (Dissolved Organic Matter = DOM). Hier an Bord leite ich das „DOM-Team“ und kümmere mich um den Blog :-)

Wovon leben eigentlich die Bakterien im Meer? Bakterien bestehen nur aus einer einzigen Zelle, sie besitzen keine Zähne und keine Verdauungsorgane. Alles, was sie als Nahrung aufnehmen, muss in gelöster Form vorliegen. Und die Auswahl an gelösten Substanzen im Meerwasser ist riesig! In jedem Liter Meerwasser sind mehrere Milliarden unterschiedlichster Verbindungen gelöst.

Woher wissen wir das, wenn wir diese Substanzen doch gar nicht sehen können? Wir nutzen verschiedene chemische Methoden, um das gelöste Material im Meer zu untersuchen. Das ist eine große Herausforderung, denn die Verbindungen sind nicht nur unsichtbar und sehr verschieden, sondern auch noch sehr verdünnt. Im tiefen Ozean ist die Konzentration von gelösten organischen Verbindungen so gering wie wenn man ein einziges Stückchen Würfelzucker auf das Wasser in zwanzig vollen Badewannen verteilt. Selbst ein Stück Würfelzucker in nur einer Badewanne wird kaum herauszuschmecken sein. Und in so einer verdünnten Suppe leben die Bakterien der Tiefsee.

Mit unseren modernen chemischen Methoden können wir inzwischen sehr gut beschreiben, wie das gelöste organische Material zusammengesetzt ist. Allerdings wissen wir immer noch wenig darüber, wie genau die einzelnen Verbindungen aussehen. Hier können wir besonders von der Zusammenarbeit mit den MikrobiologInnen profitieren. Die Bakterien besitzen nämlich sehr spezielle Werkzeuge für die Aufnahme und die Verarbeitung ganz unterschiedlicher Verbindungen. Wenn wir wissen, welche Werkzeuge die Bakterien in ihren Werkzeugkästen vorhalten und welche sie gerade benutzen, können wir daraus Rückschlüsse auf das zu verarbeitende Material ziehen und diese Erkenntnisse mit den Ergebnissen unserer chemischen Analysen verknüpfen.

Die Geräte, die wir für unsere chemischen Analysen nutzen, sind zu groß und zu empfindlich, um sie mit an Bord eines Forschungsschiffes zu nehmen. Daher bereiten wir die Wasserproben auf SONNE so weit auf, dass wir sie gut nach Oldenburg transportieren können, wo wir sie dann in unseren Laboren am ICBM in Ruhe untersuchen können. Und als Konzentrat wird das Unsichtbare sogar sichtbar – in Form goldener Färbung des Meerwasser-Extraktes.

Hier ein kurzer Film zur Probenahme an der CTD und zur Aufbereitung der DOM Proben auf dem Forschungsschiff SONNE: