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Schiffsbewegungen versus Wissenschaft

Als Teil meiner Doktorarbeit untersuche ich Gradienten von Sauerstoff, pH-Wert und Temperatur im Oberflächenfilm, also im Grunde das, was die CTD in der Wassersäule macht (siehe früherer Eintrag), aber im mikroskaligen Bereich. Es geht darum diese o.g. Parameter und Gradientenverläufe in Verbindung mit biologischer Aktivität im Oberflächenfilm zu bringen, welche wiederum den Gasaustausch beeinflusst.

Da der Meeresoberflächenfilm maximal eine Dicke von 1 mm hat, muss für diese Messungen eine spezielle Technik her – Mikrosensoren. Handgemacht von einer dänischen Firma sind diese Sensoren extrem zerbrechlich und störempfindlich und ja… auch nicht billig. Also eigentlich rundum nicht gemacht für die Arbeit auf See! Die Sensoren werden über einen computergesteuerten Motor schrittweise (in 50 Mikrometerschritten) durch die Oberfläche geführt, d.h. alle 50 µm (das ist ein Zwanzigstel eines Millimeters) wird ein Wert gemessen. Damit das gelingt, muss die Oberfläche ganz unbewegt sein.

Bisher haben wir die Sensoren deshalb nur in einem Aquarium angewandt (http://www.icbm.de/meeresoberflaechen/forschung/icbm-aquarium/). Nun wollten wir sie allerdings mal im Feld testen, was eine Reihe von Herausforderungen mit sich bringt:

  • Wie sammelt man Oberflächenfilm und darunterliegendes Wasser ohne die Funktionsweise des Films zu beinträchtigen? Würde man einfach einen Eimer zum schöpfen ins Wasser geben, würde man den Film dabei zerstören.

Wir haben ein kleines “Gerät” entwickelt, welches an Bord höflich als “Science-Bucket” bezeichnet wird, was soviel heißt wie Wissenschaftseimer. Wir nennen den Eimer aber eigentlich NDMS = Non-Destructive Microlayer Sampler, also nicht-zerstörender Oberflächenfilmsammler. Toller Name, denn eigentlich ist der NDMS nur eine Flasche ohne Boden, die auf dem Kopf steht. Dort wo sich einmal der Deckel befand, ist nun ein Stopfen mit einem Ventil angebracht sowie ein Gewicht, damit das Absinken des NDMS auch bei stärkerer Strömung funktioniert. Dort wo einmal der Boden war sind Seile zum Halten befestigt.

Die Anwendung ist denkbar einfach. Man versenkt den NDMS im Meer, während man ihm am Seil hält. Wichtig ist, dass er ganz untertaucht und man eine Weile wartet, damit sich der Film wieder herstellen kann. Dann zieht man ihn langsam heraus und schließt unten das Ventil, damit der Wasserstand nicht zu hoch ist, und man bei der nachfolgenden Schlauchbootfahrt nicht die Hälfte der Probe wieder an das Meer verliert.

Tadaaa…so hat man unzerstörten Oberflächenfilm plus darunterliegendes Wasser beprobt. Das ganze macht man übrigens drei mal mit drei individuellen NDMS um die Variabilität zwischen den Proben zu erfassen (Jaaa, auch Mikrobiologen nehmen manchmal Replikate!)

bild1
Einsatz des NDMS (x3) zur Beprobung des Oberflächenfilms vom Schlauchboot: Eintauchen, hochziehen, Ventil zu!
  • Wie misst man Oberflächenfilm-Parameter mit Mikrosensoren auf einem Schiff, welches rund um die Uhr durch Seegangs-bedingte Schwankungen und Motorvibrationen geschüttelt wird? Denn beides wirkt sich auf die Ruhe der Wasseroberfläche äußert ungünstig aus. Für den Eigenversuch empfehle ich bei der nächsten Bootstour mal ein Glas Wasser aufzustellen und die Oberfläche zu beobachten.

Tja… wer für das Schwankungsproblem eine Patentlösung weiß, bitte mal bei melden.

bucket
Wissenschaftseimer mit Mikrosensoren, die im NDMS messen

Derzeit fixieren wir (an dieser Stelle herzlichen Dank an die Technikerin der Falkor und ihre hervorragenden Ideen) den NDMS mit einem Messschieber. Der NDMS muss in einem Umgebungsgefäß (nochmal Science-Bucket im Einsatz) stehen, welcher mit Meerwasser gefüllt ist um die Probe auf ihrer eigentlichen Temperatur zu halten. Dieser wiederum steht auf einer Waschmaschinen-Antivibrations-Matte. Eine Folie drumherum reduziert den Luftstrom der von außen kommt. Trotz all dieser Vorkehrungen ist es bislang nicht möglich die Oberfläche optimal ruhig zu halten. Wirklich eine Herausforderung!

Viele Grüße und bis demnächst!