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Sie sind blau!

Seit wir die australischen Küstengewässer verlassen haben und uns im offenen Ozean aufhalten beschäftigt uns eine kleine Entdeckung, die uns der Catamaran mitgebracht hat. Der Catamaran sammelt mit rotierenden Glasplatten auf Knopfdruck Oberflächenfilm und außerdem Wasser von einem Meter Tiefe als Vergleich in bis zu 24x 1 L Flaschen, also in 12 Paaren. Der Knopf zum Auslösen des Sammelns befindet sich auf einer Fernbedienung. Man kann das Wassersammeln also vom Schiff aus kontrollieren und muss nicht auf dem Catamaran sitzen um dies zu tun, auch wenn die Kollegen das gerne manchmal machen z.B. um die Batterie zu wechseln.

Jedenfalls fanden wir große blaue Ruderfußkrebse, sogenannte Copepoden, in den vom Catamaran gesammelten Oberflächenfilmproben. Groß bedeutet, sie sind sehr gut mit dem bloßen Auge zu erkennen, messen etwa 3 mm Länge, wohingegen die „gewöhnlichen“ Nordseecopepoden meist nur Stecknadelkopfgröße erreichen. Daher war der erste Ausruf: „Hui, sind die groß!“ und der zweite „Und ganz schön blau!“ Interessant erscheint uns, das wir sie vermehrt im Oberflächenfilm finden aber nicht oder selten auf 1 Meter Tiefe. Bisher zeigte sich diese Verteilung an 6 verschiedenen Stationen.

Copepoden haben eine wichtige Funktion in der Nahrungskette der Meere, sie stehen zwischen dem Phytoplankton, von dem sie sich ernähren und werden wiederum von Fischen oder auch Bartenwalen gefressen. Würde es sie nicht geben, würde diese Verbindung fehlen. Einige Wissenschaftler behaupten außerdem, sie würden zahlenmäßig die größte tierische Biomasse der Erde darstellen.

Dank der Falkor Crew, die uns ein Mikroskop zur Verfügung stellte (auf solcherlei Entdeckungen waren wir nicht vorbereitet!), konnten wir sie uns auch etwas näher ansehen. Zwar ist das nicht unser Fachgebiet, aber wir vermuten es handelt sich um einen Vertreter der Copepoden-Familie Pontellidae, diese sind häufig im Oberflächenwasser oder –film zu finden. Genaue Bestimmungsanalysen können wir dann erst im heimischen Labor unternehmen. Eher unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich ausgeschlossen, wäre die Entdeckung einer neuen Pontelliden Spezies, die im Oberflächenfilm zu Hause ist.

copepod
Blauer Copepode aus dem Oberflächenfilm

Diverse Spekulationen an Bord gibt es über die Farbe der Winzlinge. Warum sind sie denn bloß blau?

Weil sie sich von Blaualgen ernähren? Weil sie sich so am besten im Oberflächenwasser tarnen können? Weil die Pigmentierung sie vor der Sonneneinstrahlung schützt? Oder um Feinde zu erschrecken?

Die Physiker um das Team von Chris Zappa vom Lamont-Doherty Earth Observatory of Columbia University (siehe Sophias früherer Eintrag) sind auch hellauf begeistert von den Copepoden und wollen uns helfen herauszufinden, ob die blaue Färbung der Copepoden im Meer zur Tarnung taugt. Dazu soll die Wellenlänge des blauen Pigments bestimmt und mit dem Lichtspektrum der Meeresoberfläche verglichen werden.

Wir scherzen bereits, dass das Meer blau ist wegen der Copepoden! Könnte doch sein?